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Weg 1: Unfallgeschehen & Verkehrssicherheit

 

Die Entwicklung der Verkehrsunfallstatistik ist in den letzten Jahren sowohl in der Steiermark als auch in ganz Österreich sehr positiv verlaufen. Die Anzahl der Verkehrsunfälle geht stetig zurück, zudem sind immer weniger Verletzte bzw. Todesopfer zu beklagen. Dies ist besonders bemerkenswert, da immer mehr Pkw auf unseren Straßen unterwegs sind. Im Jahr 1981 waren es in der Steiermark 350 085 Pkw, 2010 bereits 676 453 Pkw.1  Es wäre jedoch falsch anzunehmen, dass diese Entwicklung alle Bevölkerungsgruppen, Alte wie Junge, Frauen wie Männer, gleich betrifft. Die Tatsache, dass es immer weniger Unfallopfer gibt führt zudem oft zu Leichtsinn und Überschätzung der eigenen Fähigkeiten. Um gezielte Maßnahmen zur Steigerung der Verkehrssicherheit zu treffen ist eine differenzierte Betrachtungsweise von großer Bedeutung. Sie bringt oft deutlichere geschlechtsspezifische Unterschiede zum Vorschein als man vermuten würde.

 

Verkehrsunfälle nach Geschlecht und Altersgruppe

Auch wenn die Zahl der Unfallopfer sinkt, bleiben bisherige Muster bestehen: Männer sind wesentlich häufiger in Verkehrsunfälle verwickelt und stellen auch den Großteil der Verletzten und Toten. Im Jahr 2010 waren in der Steiermark 56% der Verletzten und 74% der Todesopfer im Straßenverkehr Männer.2  Es dürfen hier jedoch keine voreiligen Schlüsse gezogen werden: Männer besitzen häufiger ein Auto und nutzen dieses wesentlich öfter als Frauen. Da vor allem Pkw in Unfälle involviert sind bedeutet dies, dass die Wahrscheinlichkeit an einem Verkehrsunfall beteiligt zu sein für Männer beträchtlich höher ist als für Frauen. Nichts desto trotz zeigen Statistiken auch, dass Männer im Straßenverkehr eine erhöhte Risikobereitschaft aufweisen und mehr Unfälle verursachen. 

 

Überhöhte Geschwindigkeit ist der häufigste Grund für Verkehrsunfälle mit Todesfolge. Der typische Raser wird als Mann mittleren Alters, gut situiert mit langjähriger Fahrpraxis beschrieben.3  Aber auch junge Männer neigen zu überhöhter Geschwindigkeit. Ihnen wird oft nachgesagt ihre Fähigkeiten am Steuer zu überschätzen und sich dadurch einem höheren Risiko auszusetzen. Die Unerfahrenheit junger Pkw-Fahrer führt schließlich auch dazu, dass sie häufiger Unfälle verursachen bzw. daran beteiligt sind.

 

Wenn man nun die Todesopfer nach Altersgruppen und Geschlecht betrachtet bestätigt sich dieses Bild. Demnach sind besonders junge Verkehrsteilnehmer sowie PensionistInnen gefährdet. 2010 starben in der Steiermark 17 Männer und 2 Frauen im Alter zwischen 15 und 24 Jahren im Straßenverkehr und 11 Männer und 8 Frauen in der Altersgruppe der über 64-jährigen. Dahinter folgen die Altersgruppe der 45- bis 54-jährigen mit insgesamt 12 Verkehrstoten (10 Männer und 2 Frauen) und jene der 25- bis 34-jährigen mit 11 (7 Männer und 4 Frauen). Jeweils 9 Todesopfer waren bei den 35- bis 44-jährigen (6 Männer und 3 Frauen) und 55- bis 64-jährigen (5 Männer und 4 Frauen) zu beklagen.4  Es zeigt sich also durchgehend, dass mehr Männer als Frauen bei Verkehrsunfällen zu Tode kommen. Jedoch ist die Diskrepanz bei jenen Altersgruppen, die als Raser bekannt sind, wesentlich höher als bei den anderen.

 

Unfallrisiko nach Art der Verkehrsteilnahme

Die meisten Unfallopfer österreichweit 2009, nämlich 57%, waren in einem Pkw unterwegs. An zweiter Stelle liegen Moped- und MotorradfahrerInnen (19%).5  Da diese weniger gut geschützt sind als AutofahrerInnen sind sie auch einem größeren Verletzungsrisiko ausgesetzt. Obwohl in den letzten Jahren die Anzahl der Verkehrsunfälle und Unfallopfer insgesamt stetig gesunken ist, hat die Zahl der Verunglückten bei Unfällen, an denen junge MopedfahrerInnen beteiligt waren, rasant zugenommen. Im Jahr 2002 waren es in Österreich 282, im Jahr 2004 bereits 884, und 2006 wurden 1701 Unfallopfer gezählt. Rund ein Drittel der Verkehrstoten im Alter zwischen 16 und 17 Jahren war mit dem Moped als FahrerIn bzw. BeifahrerIn unterwegs. Eine Aufstellung nach Mädchen und Jungen ist leider nicht verfügbar.

Ein wesentlicher Grund für den Anstieg war der Wegfall der verpflichtenden verkehrspsychologischen Untersuchung für 15-jährige. Somit konnten Jugendliche mit Reifedefiziten ungehindert einen Mopedführerschein bekommen. Um diesen Negativtrend zu stoppen wurden 2009 die Bestimmungen zum Erwerb des Mopedführerscheins jedoch wieder verschärft.6 

Eine erfreuliche Entwicklung gibt es dagegen bei den RadfahrerInnen. Demnach ist das Unfallrisiko hier zwischen 2000 und 2009 um 47% gesunken, obwohl die Zahl der Personen, die mit dem Fahrrad unterwegs sind ständig steigt. Hier kann davon ausgegangen werden, dass durch die Zunahme des Radverkehrs dieser Bereich auch in der Verkehrsplanung stärker berücksichtigt wird und die Verkehrssicherheit gerade in den Städten durch den Ausbau des Radwegenetzes erhöht wird.7  Auch wenn bekannt ist, dass Frauen häufiger mit dem Fahrrad unterwegs sind als Männer gibt es auch hier keine geschlechtsspezfischen Daten.

 

Unfallursachen und Verkehrssicherheit

Der Großteil der Verkehrsunfälle, insbesondere jener mit Todesfolge, wird durch überhöhte bzw. nicht angepasste Geschwindigkeit verursacht. Ablenkung und mangelnde Aufmerksamkeit stellen jedoch immer häufiger den Grund für Unfälle im Straßenverkehr dar. Essen und trinken, rauchen oder schminken erhöhen das Unfallrisiko beträchtlich. Vor allem die Tatsache, dass immer mehr Leute während der Fahrt diversen Geräte und Medien nutzen ist besorgniserregend. Heutzutage wird jeder achte tödliche Verkehrsunfall in Österreich durch Ablenkung am Steuer verursacht, das bedeutet fast doppelt so viele wie noch 2005. Waren es damals 7%, sind es heute 12%. Der Hauptgrund für diese negative Entwicklung ist die Tatsache, dass immer mehr LenkerInnen während dem Autofahren telefonieren. AutolenkerInnen, die am Steuer telefonieren, machen rund 40% mehr Fahrfehler als jene, die nicht telefonieren. Neue Untersuchungen haben zudem ergeben, dass kaum Unterschiede zu erkennen sind, ob mit oder ohne Freisprechanlage telefoniert wird.8  Eine Betrachtung nach Geschlecht zeigt auch hier, dass sich die männliche Bevölkerung einem erhöhten Unfallrisiko aussetzt. Laut einer Umfrage geben etwa 20% der Männer und 5% der Frauen an, regelmäßig während der Fahrt zu telefonieren, wobei jedoch die Zahl der telefonierenden Frauen sich jenen der Männer immer mehr angleicht.9 

 

Die Verwendung des Sicherheitsgurts ist für den Großteil der Bevölkerung selbstverständlich. Personen, die keinen Sicherheitsgurt verwenden haben ein 9 Mal höheres Risiko bei einem Unfall verletzt zu werden. Jedoch sind auch hier geschlechtsspezifische Unterschiede zu erkennen: Demnach verwenden 92,5% der Frauen, aber nur 88,6% der Männer beim Autofahrt regelmäßig einen Gurt.10

 

Resümee

Die Unfallstatistiken belegen das Bild, das in der Öffentlichkeit vorherrscht. Es sind vor allem junge Männer, die in Unfälle verwickelt sind und dabei verletzt oder sogar getötet werden. Aber auch PensionistInnen, Männer wie Frauen, sind einem erhöhten Unfallrisiko ausgesetzt. Weiters zeigt sich, dass überhöhte Geschwindigkeit eine der Hauptursachen von Verkehrsunfällen ist. Diese Statistiken zeigen sehr deutlich auf, wo angesetzt werden muss, um unsere Straßen sicherer zu machen und die Unfallzahlen weiter zu reduzieren. Aufklärungsmaßnahmen richten sich daher vielfach an junge VerkehrsteilnehmerInnen, insbesondere junge Pkw-Lenker.

Nicht zu unterschätzen sind aber auch neue Trends, etwa das Telefonieren während der Autofahrt. Die Zahl der Unfälle, die durch Ablenkung passieren, ist in den letzten Jahren stark angestiegen.

Bei näherer Betrachtung ist auch festzustellen, dass Frauen mehr Wert auf Sicherheit legen als Männer. Sie benutzen häufiger den Sicherheitsgurt und telefonieren weniger oft als Männer.

 

 

 

1 Vgl. Statistik Austria, Bearbeitung LASTAT Steiermark, Kraftfahrzeugbestand PKW und Kombi, 2010

2 Vgl. Statistik Austria, Bearbeitung LASTAT Steiermark in: Steirische Statistiken, Heft 4/2011, S.16ff

3 Vgl. Kuratorium für Verkehrssicherheit 2008, in: Das Österreichische Verkehrsjournal, 2. Jahrgang, Heft 8/2008. S.58

4 Vgl. Statistik Austria, Bearbeitung LASTAT Steiermark in: Steirische Statistiken, Heft 4/2011, S.27

5 Vgl. Statistik Austria, Statistik der Straßenverkehrsunfälle 2010, 2011

6 Vgl. Kuratorium für Verkehrssicherheit: www.kfv.at

7 Vgl. VCÖ-Studie 2010 in: Kleine Zeitung vom 27.4.2010

8 Vgl. VCÖ 2011 in: Kleine Zeitung vom 19.12.2011

9 Vgl. Kuratorium für Verkehrssicherheit: www.kfv.at, 2008 in: Verkehrsjournal 08/08

10 Vgl. ÖAMTC: www.oeamtc.at