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Institut für praxisorientierte Genderforschung

 

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Weg 2: Verkehrsmittel und Verkehrswege

 

Die Mobilität von Frauen und Männer in unserer Gesellschaft ist geprägt von den nach wie vor bestehenden Rollenzuweisungen und die Verteilung der Aufgaben im Alltag. Demnach sind Frauen überwiegend für die Familien- und Versorgungsarbeit verantwortlich, während bei den Männern Arbeit und Beruf im Vordergrund steht. Daraus ergeben sich auch Unterschiede bei der Länge und Komplexität der im Alltag zurückgelegten Verkehrswege. Aber auch bei der Nutzung von Verkehrsmittel sind geschlechtsspezifische Besonderheiten zu erkennen.

 

Verkehrswege: Wegketten, Weglänge und Wegdauer

Frauen erledigen häufiger den Einkauf, sind für das Bringen und Holen von Kindern verantwortlich, begleiten ältere Personen und sind darüber hinaus oft auch berufstätig. Sie legen im Alltag eine größere Anzahl von Wegen und, durch die Verknüpfung einer Vielzahl von Aktivitäten und Wegen, komplexere Wegeketten zurück. Im Gegensatz dazu steht bei Männern der Weg zum Arbeitsplatz im Mittelpunkt. Diese Unterschiede schlagen sich auch in der Länge der zurückgelegten Wege nieder. Männer bewältigen pro Tag im Durchschnitt 37 Kilometer. Die Wege der Frauen haben hingegen eine Länge von insgesamt 20 Kilometer.1  Man könnte folglich annehmen, dass Männer auch doppelt so lange unterwegs sind wie Frauen. Hier zeigt sich jedoch ein interessantes Bild: Frauen benötigen für ihre Wege an einem Tag rund 23 Minuten, während Männer für fast doppelt so lange Wegstrecken mit 28 Minuten nicht wesentlich länger unterwegs sind.2 Die Nutzung der Verkehrsmittel spielt hier sicher eine Rolle.

 

Geschlechtsspezifische Nutzung von Verkehrsmittel

Frauen legen Wegketten zurück, die einen hohen Zeitaufwand zur Folge haben. Daher ist ihnen maximale Effizienz ein besonderes Anliegen und sie nutzen je nach Ziel und Zweck unterschiedliche Verkehrsmittel. Frauen sind grundsätzlich umweltbewusster unterwegs als Männer. Sie gehen häufig zu Fuß oder verwenden das Fahrrad. Außerdem stellen sie die Mehrheit der KundInnen öffentlicher Verkehrsmittel. 17,9% der Frauen geben an täglich mit Bus, Bahn, Straßen- oder U-Bahn zu fahren, während 38,9% dies nach eigenen Angaben nie tun. Unter der männlichen Bevölkerung sind es 15,9% die täglich mit Öffentlichen Verkehrsmittel unterwegs sind und 45,2% verzichten ganz auf die Nutzung dieser Fortbewegungsart.3  Wenn man nun den zuvor erwähnten Aspekt des Zeitaufwands für zurückgelegte Strecken in Betracht zieht, kann man erahnen, dass Frauen nicht immer freiwillig auf das Auto verzichten.

In der Steiermark sind etwa 64% der Pkw in Besitz von Männern. Da verwundert  es nicht, dass das Auto vor allem von Männern als Fortbewegungsmittel genutzt wird. Während 30% der Frauen täglich das Auto benutzt, ist es in der männlichen Bevölkerung mit 48% fast die Hälfte.4  In Österreich gibt es im Durchschnitt 1,3 Autos pro Haushalt. Es kann daher davon ausgegangen werden, dass in Haushalten mit nur einem Pkw dieser in erster Linie vom Mann genutzt wird. Infolge bleibt vielen Frauen nichts anderes übrig als Öffentliche Verkehrsmittel zu nutzen bzw. zu Fuß zu gehen oder mit dem Fahrrad zu fahren. Auch wenn sie aufgrund der Weglänge, die zurückgelegt werden muss, oder wegen der Komplexität verzweigter Wege das Auto bevorzugen würden. Da Männer pro Tag oft nur zwei Wege, nämlich zum und vom Arbeitsplatz, zurücklegen wäre es in vielen Fällen sicher auch möglich auf öffentliche bzw. umweltfreundliche Verkehrmittel zurückzugreifen und Frauen den Pkw zu überlassen. Wenn mehrere Wege zurückgelegt werden müssen ist das Warten auf Busse oder Straßenbahn sehr zeitintensiv. Zudem ist es mit kleinen Kindern im Kinderwagen oftmals gar nicht möglich jedes Verkehrsmittel in Anspruch zu nehmen. Diese Hindernisse stellen für viele Frauen wesentliche Beeinträchtigungen im Alltag dar.

 

BerufspendlerInnen

Während früher die Menschen den Großteil ihrer Berufstätigkeit bei einem Arbeitgeber bzw. einer Arbeitgeberin verbracht und sich dadurch auch in der näheren Umgebung angesiedelt haben, müssen Beschäftigte heute wesentlich flexibler sein. Der Arbeitsplatz wird häufiger gewechselt und aufgrund der schwierigen Situation am Arbeitsmarkt werden größere Anfahrtszeiten in Kauf genommen. Dadurch steigt auch die Zahl der BerufspendlerInnen. Frauen sind jedoch in der Minderheit und machen nur rund ein Drittel der PendlerInnen aus. Pendeln bedeutet für viele Erwerbstätige: Pendeln mit dem Auto. Jedoch nicht jede/r hat einen Pkw zur Verfügung und ist dadurch auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen. Wie bereits erwähnt wurde betrifft dies vor allem Frauen. Daher sind fast 84% der Männer, aber nur rund 70% der Frauen in der Steiermark mit dem eigenen Auto unterwegs. Dagegen verwenden 13,5% der Frauen den Öffentlichen Verkehr während kapp 7% der männlichen Pendler mit Bus und Bahn zu ihrem Arbeitsplatz fahren.5 

Die geringere Zahl an Berufspendlerinnen kann daher zumindest teilweise auch damit erklärt werden, dass viele Frauen kein Auto zur Verfügung haben. Sie sehen sich häufiger gezwungen ein Jobangebot abzulehnen, weil sie kein Auto besitzen und der Arbeitsplatz mit öffentlichen Verkehrsmitteln nicht oder nicht zu den vorgegebenen Dienstzeiten (Stichwort Schichtdienst) erreichbar ist.

 

Neben der Verfügbarkeit eines Autos spielen auch die Kosten eine wichtige Rolle. Auch wenn sie grundsätzlich Zugang zu einem Pkw haben, bewältigen Frauen den Weg zur Arbeit häufiger mit öffentlichen Verkehrsmitteln, in erster Linie um Kosten zu sparen. Die nach wie vor vorhandenen Einkommensunterschiede zwischen den Geschlechtern stellen hier einen wesentlichen Faktor dar. Frauen verdienen um durchschnittlich ca. 24% weniger und sind daher darauf bedacht möglichst kostensparend mobil zu sein. Die Tatsache, dass Frauen ihre Arbeitsweg-Kosten eher als zu hoch empfinden, während Männer sie häufiger als gering oder angemessen beurteilen, bestätigt diese Annahme. Frauen sind auch in der Mehrheit, wenn es darum geht Möglichkeiten zu suchen, die Fahrtkosten zu reduzieren.6

Um die Situation der Pendlerinnen zu verbessern ist das Schließen der Einkommensschere eine wichtige Voraussetzung. Gleichzeitig muss jedoch auch die Optimierung des Angebots im Öffentlichen Verkehr ein wichtiges Ziel darstellen, um sanfte Mobilität zu fördern und die vorwiegende Nutzung des Pkws im Berufsverkehr zu reduzieren.

 

Während des Schulprojekts hat sich auch unter den SchülerInnen gezeigt, dass vor allem bei jenen, die längere Wege zurücklegen müssen und in Gebieten wohnen, die kaum vom Öffentlichen Verkehr erschlossen werden, das Interesse am Mopedführerschein größer ist. Jugendliche, die im Zentrum wohnen und ihre Wege ohne Probleme zu Fuß oder mit dem Fahrrad bewältigen können, haben ein geringeres Bedürfnis in Zukunft ein Moped zu besitzen.

Längere Wege sind für viele Anlass auf das Auto oder das Motorrad/ Moped zurückzugreifen, auch wenn es alternative, umweltfreundliche Verkehrsmittel gibt, die nicht unbedingt einen höheren Zeitaufwand bedeuten.

 

Resümee

Der Verkehr und die damit verbundenen Mobilitätschancen betreffen jede/n in unserer Gesellschaft. Frauen legen meist kurze, verzweigte Wege zurück und wählen unterschiedliche Verkehrsmittel. Sie sind stärker auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen und nutzen häufiger umweltfreundliche Fortbewegungsmittel, wie etwa das Fahrrad. Bei einer näheren Betrachtung ist jedoch zu erkennen, dass sie dies nicht immer freiwillig tun. Frauen haben weniger oft ein Auto zur Verfügung und sind zudem aufgrund ihres geringeren Einkommens darauf bedacht, Kosten zu sparen.

Männer dagegen dominieren den motorisierten Individualverkehr. Die Verwendung des Pkw steht dabei vor allem im Zusammenhang mit beruflichen Tätigkeiten – ob beim Pendeln zum Arbeitsplatz oder bei geschäftlichen Dienstfahrten. Obwohl Männer täglich fast doppelt so lange Strecken zurücklegen, ist ihr Zeitaufwand dafür nur geringfügig höher als jene der Frauen. Der Ausbau des öffentlichen Verkehrs ist nicht nur eine Möglichkeit die Mobilitätschancen von Frauen zu verbessern, sondern muss auch aufgrund seiner Umweltverträglichkeit fixer Bestandteil in einem Mobilitätskonzept der Zukunft sein.

 

 

1 Vgl. BMVIT: Verkehr in Zahlen, 2007

2 Vgl. Bente Knoll (u.a.): Gender Mainstreaming und Mobilität in Niederösterreich, 2005, S.26.

3 Vgl. Statistik Austria: Österreichs Städte in Zahlen, 2008.

4 Vgl. Statistik Austria: Österreichs Städte in Zahlen, 2008.

5 Vgl. AK Steiermark: Pendlerstudie Korridor Ost 2008, Pendlerstudie Voitsberg 2006

6 Vgl. Hader, T.: Arbeitsweg-Barrieren in der Ostregion: geschlechtsspezifische und soziale Hindernisse, Wien 2009.